Datenschutz und Stufenklage: Urteil des OLG Düsseldorf (6 U 114/23)

Im digitalen Zeitalter nimmt der Datenschutz eine immer wichtigere Rolle ein, insbesondere bei Fragen zu Datenzugriffsrechten und der Anwendung der DSGVO. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Az.: 6 U 114/23) befasst sich mit der Zulässigkeit von Stufenklagen in Bezug auf Versicherungsdaten und die Auskunftspflichten nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Dabei spielt vor allem die Frage des Rechtsmissbrauchs bei der Geltendmachung von Auskünften eine zentrale Rolle.

Zum Sachverhalt

In dem Rechtsstreit ging es darum, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht von Versicherungsnehmern Auskunft über Prämienerhöhungen von Krankenversicherungstarifen verlangte. Ziel war es, potenzielle Rückforderungsansprüche aufgrund vermeintlich unwirksamer Beitragserhöhungen zu prüfen.

Die Kernpunkte des Falles:

  1. Stufenklage: Die Klägerin nutzte die Stufenklage nach § 254 ZPO, um zunächst Auskunft zu verlangen und später auf dieser Grundlage Zahlungsansprüche geltend zu machen.
  2. Art. 15 DSGVO: Die Klägerin berief sich auf das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO.
  3. Rechtsmissbrauch: Das Gericht prüfte, ob das Vorgehen der Klägerin rechtsmissbräuchlich war.

Das Urteil des OLG Düsseldorf

Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Wuppertal. Die wesentlichen Punkte des Urteils lauten wie folgt:

1. Stufenklage unzulässig

  • Eine Stufenklage ist dann unzulässig, wenn sie nicht nur zur Bezifferung eines Anspruchs dient, sondern dazu verwendet wird, festzustellen, ob überhaupt ein Anspruch besteht.
  • Hier wollte die Klägerin erst durch die Auskunft prüfen, ob Prämienerhöhungen überhaupt rechtswidrig waren, was die Zulässigkeit der Stufenklage ausschließt.

2. Auskunftsanspruch nach § 242 BGB

  • Ein Anspruch auf Auskunft nach § 242 BGB besteht nur, wenn der Versicherungsnehmer nachweislich nicht mehr über die relevanten Unterlagen verfügt und die Informationen nicht zumutbar beschafft werden können.
  • Die Klägerin konnte nicht hinreichend belegen, dass die Zedenten die Nachträge zu den Versicherungsscheinen nicht mehr besaßen.

Art. 15 DSGVO und Höchstpersönlichkeit

  • Das Gericht stellte klar, dass das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO ein höchstpersönliches Recht ist.
  • Eine Abtretung an Dritte, wie in diesem Fall die Klägerin, ist nicht möglich. Art. 15 DSGVO dient der Kontrolle personenbezogener Daten, nicht der Geltendmachung wirtschaftlicher Interessen.

4. Rechtsmissbräuchlichkeit des Auskunftsbegehrens

  • Das Gericht stellte fest, dass das Vorgehen der Klägerin rechtsmissbräuchlich war.
  • Die Klägerin wollte die DSGVO lediglich nutzen, um sich Informationen zur Durchsetzung von Zahlungsansprüchen zu beschaffen, die bereits verjährt waren.

Rechtliche Einordnung und praktische Implikationen

Das Urteil des OLG Düsseldorf hat wichtige Konsequenzen für den Umgang mit Auskunftsrechten nach der DSGVO:

  1. Begrenzung der Stufenklage: Stufenklagen dürfen nicht zur generellen Anspruchsfeststellung missbraucht werden.
  2. Höchstpersönlichkeit von Art. 15 DSGVO: Das Auskunftsrecht bleibt strikt personenbezogen und kann nicht abgetreten werden.
  3. Rechtsmissbrauch: Anträge auf Auskunft können abgelehnt werden, wenn sie ausschließlich wirtschaftlichen Interessen dienen und nicht dem Datenschutz.

Für Versicherungsnehmer und Unternehmen bedeutet dies, dass die Verwendung der DSGVO klaren datenschutzrechtlichen Zwecken dienen muss und nicht als Mittel zur Durchsetzung anderer Ansprüche verwendet werden darf.

Fazit

Das Urteil des OLG Düsseldorf bietet eine klare Linie zur Geltendmachung von datenschutzrechtlichen Auskunftsansprüchen und zur Verwendung von Stufenklagen. Es schützt sowohl Unternehmen vor missbräuchlichen Anträgen als auch die Integrität des Datenschutzrechts in Deutschland.

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