Datenschutz und Arbeitsrecht: Arbeitnehmer können Löschung von Abmahnungen fordern

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat in einem Urteil (vom 28.07.2023 – Az. 9 Sa 73/21) bestätigt, dass Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Löschung von Abmahnungen aus der Personalakte verlangen können. Dies ergibt sich aus Artikel 17 DSGVO („Recht auf Vergessenwerden“) und dem Datenschutzrecht im Arbeitsverhältnis.

Doch das Urteil geht noch weiter: Auch Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener oder verspäteter Datenauskunft wurden verhandelt – mit weitreichenden Konsequenzen für Arbeitgeber.

Hintergrund des Falls

Ein ehemaliger Sport- und Fitnesskaufmann hatte vor Gericht die Löschung einer Abmahnung aus seiner Personalakte sowie eine Auskunft über seine personenbezogenen Daten gemäß Artikel 15 DSGVO gefordert.

Zusätzlich verlangte er Schadensersatz nach Artikel 82 DSGVO, da ihm die erforderlichen Auskünfte nicht fristgerecht erteilt wurden.

Das Gericht musste sich mit mehreren Fragen befassen:

  1. Darf ein Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Löschung fordern?
  2. Gibt es einen Schadensersatzanspruch bei verspäteter oder unvollständiger Datenauskunft?
  3. In welchem Umfang müssen Arbeitgeber über personenbezogene Daten informieren?

Die Entscheidung

1. Abmahnungen müssen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelöscht werden

Nach Artikel 17 DSGVO haben Personen das Recht auf Löschung personenbezogener Daten, wenn deren Speicherung nicht mehr notwendig ist.

Da Abmahnungen dazu dienen, Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis zu ermahnen oder auf Konsequenzen hinzuweisen, verlieren sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihren Zweck.

Folge: Arbeitgeber sind verpflichtet, Abmahnungen aus der Personalakte zu entfernen, sofern keine berechtigten Gründe für eine Aufbewahrung bestehen.

2. Arbeitgeber haften für verspätete oder unvollständige Datenauskünfte

Laut Artikel 15 DSGVO haben Arbeitnehmer das Recht auf Auskunft über ihre gespeicherten personenbezogenen Daten.

In diesem Fall wurde die Auskünfte unvollständig und verspätet erteilt, weshalb das Gericht dem Kläger einen Schadensersatzanspruch nach Artikel 82 DSGVO zusprach.

Folge: Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie innerhalb der gesetzlichen Fristen (1 Monat gemäß Artikel 12 Abs. 3 DSGVO) vollständige Auskünfte erteilen.

3. Arbeitgeber und Führungskräfte können gemeinsam haften

Das Gericht entschied, dass nicht nur das Unternehmen, sondern auch eine einzelne Führungskraft als „Verantwortlicher“ im Sinne von Artikel 4 Nr. 7 DSGVO betrachtet werden kann.

Folge: Auch Geschäftsführer oder Inhaber können für Datenschutzverstöße haftbar gemacht werden, wenn sie aktiv über die Verarbeitung von Daten entscheiden.

Was bedeutet das Urteil für Arbeitgeber

  • Fristen für Datenauskünfte einhalten: Anfragen nach Artikel 15 DSGVO müssen innerhalb eines Monats beantwortet werden.

  • Abmahnungen korrekt verwalten: Abmahnungen sollten nach Ende des Arbeitsverhältnisses entfernt werden, wenn kein berechtigtes Interesse besteht.

  • Datenschutz-Compliance sicherstellen: Führungskräfte sollten sich bewusst sein, dass sie persönlich für Datenschutzverstöße haften können.

Fazit: Datenschutzverstöße können teuer werden

Das Urteil zeigt, dass Arbeitgeber Datenschutzrichtlinien ernst nehmen sollten, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Gleichzeitig stärkt es die Rechte von Arbeitnehmern, die sich gegen unrechtmäßige Speicherung oder verspätete Datenauskünfte wehren können.

Falls Unsicherheiten bestehen, wie mit Abmahnungen, Datenauskünften oder DSGVO-Fristen umzugehen ist, stehen wir gern beratend zur Seite und helfen, rechtssichere Lösungen zu finden.

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