Videoüberwachung in Wohnanlagen: Wenn der Datenschutz an der Wohnungstür endet

Immer mehr Investoren modernisieren Wohnobjekte – nicht selten auf Kosten der Privatsphäre der Bewohner. Aktuelle Beschwerden zeigen, dass Videoüberwachung in Wohnhäusern nicht nur technisch, sondern auch datenschutzrechtlich hochproblematisch ist. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs bringt nun zusätzliche Klarheit: Heimliche Aufnahmen aus dem Treppenhaus sind unzulässig – und dürfen auch in zivilrechtlichen Verfahren nicht verwertet werden.

📹 Der Fall: Überwachte Flure, Waschküche und Eingänge

In einer Wohnanlage mit rund 90 Einheiten installierte die Hausverwaltung Kameras in mehreren Gemeinschaftsbereichen: Flure, Dachterrasse, Waschküche und Eingangsbereich sollten dauerhaft videoüberwacht werden. Die Begründung reichte von Brandschutz über Diebstahlprävention bis hin zu „körperlichen Auseinandersetzungen“ – ohne konkrete Nachweise oder dokumentierte Vorfälle.

Die Datenschutzaufsicht stufte diese Überwachung als rechtswidrig ein. Der Eingriff in das Grundrecht der Mieter sei zu intensiv, da diese Bereiche der privaten Lebensführung besonders nahekommen. Zudem fehlte es an der Prüfung milderer Alternativen wie z. B.:

  • Präsenz des Hausmeisters
  • Verstärkte Beleuchtung
  • Alarmanlagen
  • Zugangsbeschränkungen
  • Umgestaltung gemeinschaftlich genutzter Räume

Die Hausverwaltung beendete die Überwachung daraufhin.

⚖️ Der BGH urteilt: Keine Beweisverwertung bei heimlichen Aufnahmen

Ein zweiter Fall zeigt, dass Videoüberwachung auch zivilrechtlich scheitern kann: Im Rahmen einer Räumungsklage wegen angeblicher Untervermietung hatte eine Privatdetektivin Kameras im Treppenhaus installiert, die den Eingangsbereich der Wohnung bei offener Tür filmten. Der BGH (Az. VI ZR 1370/20) entschied:

  • Die Mieter mussten nicht mit einer Überwachung rechnen.
  • Ihre informationelle Selbstbestimmung und die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG wurden verletzt.
  • Die heimlich erhobenen Daten durften nicht als Beweismittel verwendet werden.

Zwar lässt der BGH in Ausnahmefällen unzulässig erhobene Daten zu – etwa bei Dashcam-Aufnahmen in Verkehrsunfällen. Doch in diesem Fall fehlte jede Beweisnot. Andere, mildere Mittel (z. B. Testanmietung) wären verfügbar gewesen.

🚫 Datenschutz am Mietobjekt: Was gilt?

Für Vermieter, Verwalter und Investoren gilt: Videoüberwachung in Wohnanlagen ist nur dann zulässig, wenn sie

  • verhältnismäßig ist,
  • mildere Mittel geprüft wurden,
  • eine konkrete Rechtsgrundlage besteht (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO),
  • und die Interessen der Mieter nicht überwiegen.

Andernfalls drohen Verwarnungen, Bußgelder und zivilrechtliche Konsequenzen – einschließlich der Unverwertbarkeit von Beweismitteln.

🏁 Fazit: Überwachung ersetzt keine Sicherheit

Die Fälle zeigen: Datenschutzrecht schützt nicht nur Daten – sondern Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte. Mieter dürfen sich auch im Flur und in Gemeinschaftsbereichen sicher und unbeobachtet fühlen. Wer hier zu weit geht, handelt rechtswidrig – und untergräbt das Vertrauensverhältnis im Mietverhältnis.

Sie möchten wissen, ob Ihre geplanten Maßnahmen datenschutzkonform sind oder wie Sie Ihre Mieter effektiv schützen können – ganz ohne unzulässige Überwachung? Wir beraten Sie gern – pragmatisch, rechtssicher und lösungsorientiert.

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